Titelthema :: Seite 62
sind Lausitzer Unternehmen beim
Thema
Familienfreundlichkeit
aufgestellt – sind sie eher Vorrei-
ter oder haben sie Nachholbedarf?
Gibt es Unterschiede zwischen klei-
nen Betrieben und Großunterneh-
men?
In Cottbus gibt es das loka-
le Bündnis für Familien, hinter
dem ein großes Netzwerk steht.
Es zeichnet regelmäßig familien-
freundliche Unternehmen in der
Stadt aus. Darunter sind große Un-
ternehmen ebenso wie kleine und
sie alle sind ausgesprochen enga-
giert und leisten Vorbildliches für
die Vereinbarkeit. Oftmals lassen
sich in kleinen Unternehmen in-
dividuelle Vereinbarungen zur Ar-
beitszeit schneller umsetzen, da
der Chef die familiäre Situation sei-
ner Mitarbeiterinnen kennt. Es sind
nicht die teuren großen Angebote,
die erwartet werden, sondern das
Paket muss passen und die Mitar-
beiter müssen sich ernst genom-
men und wertgeschätzt fühlen.
Warum sollten Unternehmen über-
haupt auf Familienfreundlichkeit
setzen – profitieren sie selbst da-
von?
Familienfreundlichkeit ist
ein Standortfaktor und ein Wett-
bewerbsvorteil. Im Wettbewerb
um gute Fachkräfte sollte sich je-
des Unternehmen Gedanken dazu
machen. Unternehmen, die auf die-
sem Gebiet sehr aktiv sind, haben
nachweislich mehr Bewerbungen
Die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie ist
seit Jahren immer wie-
der Thema in den Medien, auch in
den Unternehmen selbst – warum
ist sie in der Praxis immer noch so
schwer umzusetzen?
Ich denke,
wir sind auf einem guten Weg. In
den letzten Jahren hat sich viel ge-
tan, begünstigt auch durch die Ge-
setzgebung. Das Elterngeld und
das Elterngeld Plus beispielswei-
se schaffen Anreize, dass auch im-
mer mehr Väter eine Auszeit für
die Familie nehmen und dass El-
tern schon während der Elternzeit
Teilzeit arbeiten. Trotzdem sind
gesellschaftliche Veränderungen
notwendig. Es braucht eine stär-
kere Akzeptanz, dass auch Väter
für die Familie kürzer treten wol-
len und entsprechende Möglich-
keiten haben. Dennoch habe ich
den Eindruck, dass der Vereinbar-
keit in den Unternehmen eine hohe
Bedeutung zukommt. Es gibt viele
gute Beispiele, die noch bekannter
werden müssen. In den Unterneh-
men muss Familienfreundlichkeit
gelebt werden und es muss Teil
der Unternehmenskultur werden.
Wenn der Chef mal früher nach
Hause geht, um Zeit mit seinen Kin-
dern zu verbringen, dann traut sich
das der junge Vater auch.
Ist Vereinbarkeit nur ein Problem
der Mütter oder auch der Väter?
Vereinbarkeit betrifft natürlich
auch Väter, auch wenn in den Me-
dien meistens die Mütter kleiner
Kinder im Fokus stehen. 60 % der
Eltern mit Kindern unter 3 Jahren
wünschen sich eine partnerschaft-
liche Aufteilung von Arbeit, Kin-
derbetreuung und Haushalt. Nur
14% können dies so umsetzen.
Vereinbarkeit geht aber alle an:
Pflegende Angehörige ebenso wie
kinderlose Arbeitnehmer, die weni-
ger arbeiten oder ein Sabbat-Jahr in
Anspruch nehmen wollen, um Zeit
für ein Hobby oder eine Ehrenamt
zu haben. Immer mehr Menschen
ist die sogenannte „work-life-ba-
lance“ wichtig.
Stimmen die Rahmenbedingun-
gen für Vereinbarkeit in der Lau-
sitz?
Für uns als Arbeitsagentur
sind die Rahmenbedingungen
ganz entscheidend, damit wir in
Ausbildung und Arbeit vermitteln
können. Wir brauchen ausreichend
Kita- und Hortplätze, und das auch
in den Randzeiten nach 16.30 Uhr.
Auch für ehemalige Lausitzer, die
wieder zurückkommen wollen und
Familien, die neu in unsere Region
ziehen, ist das ein Entscheidungs-
kriterium. Sie fragen ganz gezielt
nach Betreuungsmöglichkeiten.
Da haben wir in der Region sicher-
lich noch Luft nach oben.
Aus Ihrer Erfahrung heraus: Wie
Interview mit Wencke Neubert, Beauftragte für Chancengleichheit am Ar-
beitsmarkt bei der Agentur für Arbeit Cottbus. Als Fachfrau für das Thema
Vereinbarkeit und als Mutter von zwei Kindern weiß sie, wo die Herausforde-
rungen für Frauen und Männer liegen.
Frauen sollten ihre Wünsche
klar kommunizieren




