Titelthema :: Seite 61
alleinerziehenden Frauen müssen ihr Einkommen
aufstocken.
Steuerlich werden Alleinerziehende benachteiligt,
weil sie wie kinderlose Singles behandelt werden
und damit schlechter dastehen als (kinderlose)
Ehefrauen. Allerdings können Alleinerziehende
bei der Steuererklärung einen Entlastungsbetrag
geltend machen, er liegt derzeit bei 1.908 Euro für
Alleinerziehende mit einem Kind, für jedes weitere
Kind erhöht er sich um 240 Euro.
Familienpolitik in Deutschland
Der deutsche Staat bemüht sich seit Jahren die ver-
gleichsweise mickrige Geburtenrate anzukurbeln.
Und tatsächlich ist sie von durchschnittlich 1,34
Kindern pro Frau im Jahr 2005 auf aktuell 1,5 an-
gestiegen. Das ist im Vergleich zu Frankreich (1,96)
oder Schweden (1,85) immer noch überschaubar,
aber es ist ein positiver Trend. Zu den wichtigsten
familienpolitischen Regelungen gehören das Kin-
dergeld, das Elterngeld, die Betreuungsangebo-
te. Seit 2013 gibt es einen einklagbaren Anspruch
auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr. Aber
auch das Steuerrecht, welches noch immer die
Alleinverdiener-Ehe begünstigt, spielt da rein. Der
Staat also schafft die Rahmenbedingungen für Ver-
einbarkeit. An den Möglichkeiten für mehr Wahl-
freiheit werkelt die Bundesregierung derzeit:
Familienministerin Manuela Schwesig bereitet
einen Gesetzesentwurf zur Lohngerechtigkeit
und einen zur Familienarbeitszeit vor. Beide zie-
len darauf ab, dass Frauen und vor allem Mütter
mehr arbeiten und mehr verdienen. Das Modell
Familienarbeitszeit will jene Paare belohnen, bei
denen beide berufliche kürzer treten. Wer Kinder
unter neun Jahren hat, soll einen Rechtsanspruch
auf eine Arbeitszeit zwischen 26 und 36 Wochen-
stunden haben. Nehmen beide Partner dies in An-
spruch, erhalten sie vom Staat monatlich 300 Euro,
für maximal zwei Jahre.
Der zweite Gesetzesentwurf von Ministerin Schwe-
sig – zur Lohngerechtigkeit – passierte Anfang
Mai den Bundesrat. Beschäftigte in Firmen ab 200
Mitarbeitern können künftig Auskunft darüber
verlangen, was vergleichbare Kollegen verdienen.
Außerdem sieht das Gesetz vor, dass Unterneh-
men mit mehr als 500 Mitarbeitern zusätzlich ihre
„Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgelt-
gleichheit“ überprüfen und regelmäßig einen Be-
richt zum Thema Lohngleichheit veröffentlichen
müssen. Die Idee dahinter: Frauen in Deutschland
verdienen durchschnittlich etwa ein Fünftel weni-
ger als Männer – damit soll es vorbei sein.
Ob ein weiteres Gesetz für mehr Vereinbarkeit noch
vor der Bundestagswahl kommt, ist derzeit unklar.
Union und SPD verhandeln über einen Gesetzes-
entwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles.
Sie will Arbeitnehmern, die auf Teilzeit verkürzen
wollen, ein Rückkehrrecht auf Vollzeit einräumen.
Bisher gibt es nur einen Anspruch auf zeitlich un-
befristete Teilzeit. Das Gesetz will Frauen aus der
Teilzeitfalle holen.
Die Politik kann in erster Linie Rahmenbedingun-
gen schaffen. Die sind eine wichtige Basis, reichen
aber nicht aus. Auch in der Gesellschaft muss sich
etwas tun. Was die Vereinbarkeit an vielen Stellen
erleichtern würde, ist mehr Akzeptanz der unter-
schiedlichen Familienbilder. Oft genug müssen
sich jene Mütter rechtfertigen, die nach wenigen
Monaten Babyauszeit schon wieder Vollzeit arbei-
ten gehen (Rabenmutter), aber auch jene Mütter,
welche die ersten drei Lebensjahre ihres Kindes
zu Hause bleiben wollen, werden verurteilt (Heim-
chen am Herd). Dabei ist jede Familie einzigartig
und muss die zu ihr passende Lösung für den Spa-
gat aus Kind und Karriere finden. In eine Entschei-
dung spielen viele Faktoren rein: Wie viele Kinder
haben wir, wie alt sind sie, wie sieht es mit Kita-
Plätzen und Ganztagsschulen aus, wieviel Einkom-
men steht uns monatlich zur Verfügung, braucht
die Oma Pflege? Es gibt so viele unterschiedliche
Familien, wenn wir deren unterschiedliche Model-
le respektieren und nicht verurteilen, wäre schon
manches gewonnen.
Literatur:
Verband berufstätiger Mütter:
Dschungelbuch.
Leitfaden für berufstätige Mütter & Väter und sol-
che, die es werden wollen
Stefanie Bilen:
Mut zu Kindern und Karriere
.
Birgit Lechtermann/ Sandra Milden:
Karriere,
Kinder, Küche: So machen es Erfolgsfrauen.
Felicitas Richter:
Schluss mit dem Spagat: Wie Sie
aufhören, sich zwischen Familie und Beruf zu zer-
reißen.




