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knapp 200 Einrichtungen aufgenommen. Ein erster
großer Erfolg auf politischer Ebene ist die Veran-
kerung der „Müttergenesung“ im Bundessozialhil-
fegesetz. Da die Kurkosten von den Müttern selbst
getragen werden müssen, sammelt die Stiftung
Spenden. Mit großem Erfolg: Mit den Geldern kann
ein großer Teil der Kosten übernommen werden.
In den ersten Jahrzehnten sind die Kuren fast im-
mer reine Mütter-Kuren, Kinder reisen nur verein-
zelt mit. Da die Nachfrage danach steigt, werden
Mutter-Kind-Angebote 1983 offiziell anerkannt. Der
größte Durchbruch gelingt 1989: Kuren für Mütter
werden im Sozialgesetzbuch als Regelleistung der
gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Al-
lerdings ist die Kostenübernahme nicht gesetzlich
geregelt und variiert von Kasse zu Kasse. Wichti-
ge Verbesserungen treten 2002 mit einer weiteren
Änderung des Sozialgesetzbuches ein: Jetzt haben
auch Väter Anspruch auf eine Kurmaßnahme.
Zudem sind Krankenkassen verpflichtet, die Maß-
nahmen voll zu finanzieren, die Eltern müssen
nur noch den Eigenanteil und das „Taschengeld“
selbst finanzieren. Mit der Gesundheitsreform 2007
werden Vorsorge- und Rehamaßnahmen wie Ku-
ren zu Pflichtleistungen der Krankenkassen. Der
Grundsatz „ambulant vor stationär“ ist nicht mehr
anwendbar. Die jüngste Neuerung ist auf das Jahr
2012 datiert. Seitdem haben auch pflegende Ange-
hörige Anspruch auf stationäre Kuren.
Gesetzliche Grundlagen
Alle Anträge, Entscheidungen und Widersprüche
zu Mutter-/Vater-Kind-Kuren basieren auf den ent-
sprechenden Paragraphen im Sozialgesetzbuch,
die zuletzt 2002, 2007 und 2012 angepasst wurden.
Demnach sind die Kurmaßnahmen für Eltern sta-
tionäre Regelleistungen der gesetzlichen Kranken-
kassen zur Vorsorge bzw. Rehabilitation. Damit
würdigt der Gesetzgeber, dass Eltern aufgrund
ihrer Aufgaben in Familie, Haushalt und Beruf be-
sonderen Belastungen ausgesetzt sind. Das Gesetz
regelt ausdrücklich, dass bei Mutter-/Vater-
Die Große braucht Hilfe bei den Hausauf-
gaben, das Baby hat Hunger und schreit,
der Geschirrspüler ist auch nicht ausge-
räumt und für morgen muss noch die Dienstbe-
ratung vorbereitet werden. Solche Situationen
sind Alltag für viele Mütter. Was ihnen fehlt: eine
Stopptaste. Die Möglichkeit zu sagen: Ich kann
nicht mehr, ich brauche eine Auszeit. Genau die-
sen Ausstieg aus dem Alltag ermöglicht eine Mut-
ter-Kind- bzw. Vater-Kind-Kur. Mütter sollten sich
glücklich schätzen, dass sie diese Möglichkeit ha-
ben, denn: In keinem anderen Land der Erde findet
sich ein der Mutter-Kind-Kur vergleichbares Ange-
bot. Das hat auch geschichtliche Gründe.
Historisches
Historisch sind Mutter-Kind-Kuren eng verbun-
den mit dem Müttergenesungswerk, offiziell Elly-
Heuss-Knapp-Stiftung genannt. Ihren Namen ver-
dankt sie der Frau des ersten Bundespräsidenten
Theodor Heuss. Diese Gründertradition setzt sich
bis heute fort: Das Müttergenesungswerk (MGW)
steht unter der Schirmherrschaft der jeweiligen
Bundespräsidenten-Gattin, zur Zeit Elke Büden-
bender.
Die Elly-Heuss-Knapp-Stiftung wird 1950 gegrün-
det mit dem Ziel, Kuren für Mütter zu ermöglichen,
sich für Müttergenesung einzusetzen und durch die
Vernetzung mit den Wohlfahrtsverbänden die Ar-
beit für Mütter zu stärken. Die Geschichte der Müt-
terfürsorge reicht allerdings noch weiter zurück.
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts sind einzel-
ne, oft kirchliche Wohlfahrtsverbände auf diesem
Gebiet aktiv. Richtig Fahrt nimmt das Thema aber
erst mit der Gründung der Elly-Heuss-Stiftung auf.
Ein erster Erfolg der Stiftung ist, dass im „Kriegs-
hilfenfolgengesetz“ das Wort „Mütter“ aufgenom-
men wird. Dadurch kommen u.a. Kriegswitwen zu
einer Kur. In den kommenden Jahren expandiert
das MGW aufgrund der Nachfrage, jährlich wer-
den bis zu 80.000 Mütter zu Kurmaßnahmen in
Redaktion:
Anett Linke
Kur mit Kind und Kegel
Mutter-Kind-Kur: Wann sie sinnvoll ist und was bei
der Beantragung zu beachten ist.
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