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Titelthema :: Seite 55

www.lausebande.de

Gibt es klassische Mütter, die eine

Mutter-Kind-Kur in Anspruch neh-

men?

Nein, grundsätzlich kom-

men Mütter aus allen sozialen

Schichten zu Kurmaßnahmen, in-

sofern spiegeln wir die Gesellschaft

wider. Denn die Belastungen im

Alltag sind bei allen gleich, unab-

hängig von der persönlichen Situ-

ation. Gleichwohl sind Alleinerzie-

hende und Mütter von drei oder

mehr Kindern überproportional

häufig vertreten.

Haben Sie allgemeine Empfehlun-

gen, wann man eher mit Kind und

wann eher ohne Kind zur Kur fah-

ren sollte oder lässt sich das nicht

pauschal sagen?

Das hängt sehr

von der individuellen Situation,

der Gesundheit und den Wünschen

der Mütter ab. Wir ermutigen Frau-

en sich zu überlegen: Was würde

mir wirklich gut tun? Eine Mütter-

kur ohne Kind oder eine Mutter-

Kind-Kur? Frauen haben teilweise

das Gefühl, sich rechtfertigen müs-

sen, wenn sie ohne Kinder zur Kur

fahren, vor allem wenn diese noch

kleiner sind. Mutter-Kind-Kuren

sind gesellschaftlich und im per-

sönlichen Umfeld leichter umzu-

setzen. Sie machen auch über 90

Prozent der Kuren aus. Wir wissen,

dass es manchmal einfach an der

Frage scheitert, wer sich in dieser

Zeit um die Kinder kümmert. Aber

auch dazu suchen unsere Bera-

tungsstellen mit den Müttern ge-

meinsam nach Lösungen.

Die Ablehnungsquote lag 2015 bei

elf Prozent – welche Möglichkeiten

haben Mütter, wenn ihre Kur abge-

lehnt wird? Wie hoch sind die Er-

folgsaussichten bei einem Wider-

spruch?

Elf Prozent sind eine gute

Quote. Vor fünf Jahren lag diese

Zahl noch bei 35 Prozent. Gleich-

wohl sind die elf Prozent immer

noch zu hoch: Wir raten den Müt-

tern dringend, bei einer Ableh-

nung in Widerspruch zu gehen.

Die Erfolgsquote bei einem Wider-

spruch liegt bei etwa 60 Prozent.

Das heißt zugleich, dass von den

Krankenkassen über zu viele An-

träge falsch entschieden wird.

Gibt es vergleichbare Angebote wie

die Mutter-Kind-Kur auch in ande-

ren Staaten?

Nein, Mutter-Kind-

Kuren und Mütterkuren gibt es in

dieser Form, mit dem gesetzlichen

Anspruch und der Finanzierung

nur in Deutschland. Das finden Sie

nirgendwo sonst auf der Welt und

darum beneiden uns viele Nach-

barn auch. Das macht uns natür-

lich auch ein wenig stolz, denn das

ist vor allem der Arbeit des Müt-

tergenesungswerks zu verdanken.

Das Müttergenesungswerk gibt es

seit 1950 – wie haben sich Ihre Ar-

beit in den vergangenen Jahrzehn-

ten verändert?

1950 hatten Mütter

keinen Anspruch auf Kurmaßnah-

men – deshalb wurde die Stiftung

mit dem Ziel Gesundheit von Müt-

tern von Elly Heuss-Knapp gegrün-

det. Belastungen von Müttern gab

es bereits 1950 und die gibt es heu-

te. Aber die Art der Belastungen,

die Rolle und das Bild der Frau

haben sich weiterentwickelt. Die

Gleichberechtigung der Frauen hat

vieles verändert, aber die Erwar-

tungen und Ansprüche an Mütter

sind kontinuierlich gestiegen und

damit auch die Belastungen. Aber

es gibt auch Erfolge: Das Mütter-

genesungswerk hat 40 Jahre dafür

gekämpft, dass es in Deutschland

einen gesetzlichen Anspruch auf

Kuren für Mütter gibt: 1989 wurde

dieser Anspruch ins Sozialgesetz-

buch geschrieben und 2002 auf Vä-

ter ausgeweitet.

Sie haben viel erreicht, welche

Wünsche haben Sie für die Zu-

kunft?

Für Mütter wünschen wir

uns mehr Gleichberechtigung in

den Familien. Das Bild des neu-

en aktiven Vaters ist in der Gesell-

schaft angekommen, aber noch

nicht, dass dazu z.B. auch gleich-

berechtigte Hausarbeit gehört. Wir

brauchen aber auch noch mehr

Unterstützung für Mütter – von al-

len Seiten. Das Müttergenesungs-

werk als gemeinnützige Stiftung

wird sich weiterhin politisch und

öffentlich für die Gesundheit von

Müttern einsetzen – und auch für

Väter und für pflegende Angehöri-

ge, die nun ebenfalls Kurmaßnah-

men imMGW in Anspruch nehmen

können.

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