Titelthema :: Seite 48
an professionell begleitet, funktio-
niert sie aber in der Regel. Aus un-
serer Arbeit in Bremen wissen wir,
dass sich zunächst einmal die Er-
wachsenen kennenlernen müssen
– also die Elternteile der Herkunfts-
und der Pflegefamilie. Nicht nur das
Kind muss zur Pflegefamilie passen,
auch die Eltern müssen zueinander
passen. Sie müssen vertrauensvoll
zusammenarbeiten können – im
Interesse des Kindes. Sie müssen
regelmäßig miteinander kommu-
nizieren, unterstützt von den Fach-
leuten des zuständigen Trägers. Wir
haben bei uns Beratungsangebote
für beide Familien etabliert und da-
mit sehr gute Erfahrungen gemacht.
Die Beratung spielt also eine wich-
tige Rolle in der Pflegekinderhilfe?
Unbedingt! Nur sie schafft den pro-
fessionellen Rahmen für ein erfolg-
reiches Pflegeverhältnis. Die Fa-
milien brauchen Beratungs- und
Gesprächsangebote mit Fachleuten,
aber auch mit anderen Pflegeeltern.
Die Zahl und Qualität solcher Bera-
tungsangebote reduziert nachweis-
lich die Zahl der Abbrüche von Pfle-
geverhältnissen, die vor allem in
der Pubertät ein Thema sind. Des-
wegen ist es so wichtig, dass sich
Pflegefamilien regelmäßig qualifi-
zieren. Pflegeeltern haben Rechte,
aber auch Pflichten. In der Heimer-
ziehung ist es Standard, dass sich
die Mitarbeiter regelmäßig weiter-
Aus Ihrer Erfahrung: Aus
welchen Motiven heraus
nehmen Paare Pflegekin-
der auf?
Das ist ganz unterschied-
lich. Ich will nur mal drei Beispiele
nennen: Erstens sind da die Fami-
lien, die einfach Gutes tun wollen,
die selbst Kinder haben und den an-
deren Kindern, die nicht so glück-
lich aufwachsen, ein stabiles liebe-
volles Zuhause geben wollen, die
aber auch wissen, dass sie dafür et-
was zurückbekommen. Dann gibt
es Pflegeverhältnisse, die kommen
eher ungeplant zustande. Da wird
ein Kind, das von seinen Eltern we-
gen Drogenproblemen oder Krank-
heit nicht mehr versorgt werden
kann, von der Oma, der Tante, der
Erzieherin oder der Nachbarin in
Pflege genommen. Ein drittes Bei-
spiel sind jene Paare, die ungewollt
kinderlos sind und die nicht auf
eine Adoption warten wollen. Da
müssen wir natürlich gut beraten
und prüfen, ob Pflegekinder wirk-
lich das richtige für sie sind. Denn
Pflegekinder dürfen nicht die Auf-
gabe haben, ein „Ersatz“ zu sein.
Sie sind etwas ganz eigenes. Das ist
nicht weniger schön, aber anders.
Also gibt es die klassischen Pfle-
geeltern gar nicht?
Ja und nein.
Jede Pflegefamilie ist so individuell
wie jede „normale“ Familie auch.
Dazu gehören natürlich auch Sin-
gles, gleichgeschlechtliche Paare
und Menschen mit Migrationshin-
tergrund. Was allen Pflegefamilien
eigen ist: Sie sind sozial sehr enga-
giert, wollen helfen und haben sich
vorher gut informiert und überlegt,
was auf sie zukommt.
Was kommt denn auf sie zu?
Wie unterscheiden sich Pflege-
kinder von leiblichen Kindern?
Zunächst einmal ist ein Pflegekind
ein „fremdes“ Kind. Das mag lo-
gisch klingen, macht aber doch ei-
nen großen Unterschied zum eige-
nen Kind. Jedes Pflegekind, mag
es noch so jung sein, bringt seinen
„Rucksack“ an Erfahrungen und Er-
lebnissen mit in die Pflegefamilie.
Es hat seine eigene Geschichte und
seine leiblichen Eltern, vielleicht
auch Geschwister und Großeltern,
die man als Pflegeeltern annehmen
muss. Pflegeeltern müssen wissen,
dass ein Pflegekind immer zwei Fa-
milien hat. Das Kind lebt mit beiden
Familien und muss lernen, sich zwi-
schen diesen beiden Welten zu be-
wegen.
Das birgt sicher Konfliktpotenti-
al, spätestens wenn leibliche El-
tern und Pflegeeltern unterschied-
liche Vorstellungen davon haben,
wie das Kind erzogen werden soll.
Der Kontakt zwischen den beiden
Familien ist tatsächlich ein großes
Thema in der Pflegekinderhilfe.
Wird diese Beziehung von Beginn
Interview mit Monika Krumbholz. Die Diplom-Sozialpädagogin ist Mitglied im
Kompetenz-Zentrum Pflegekinder e.V. und Geschäftsführerin der Pflegekinder
in Bremen gGmbH, die sie selbst mit aufgebaut hat. Der freie Träger gilt als
Leuchtturm der Pflegekinderhilfe in Deutschland. Im Interview erklärt sie, warum
Pflegefamilien so wichtig sind und inwiefern Pflegekinder eine Bereicherung sind.
Pflegefamilien machen einen
großartigen Job




