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Titelthema :: Seite 46

haben, dabei zu helfen, Vertrauen aufzubauen. Die

Kinder jeden Tag dabei begleiten zu können ist wun-

derschön.“

„Die Prioritäten im Leben verändern sich. Tausend

Momentaufnahmen – nicht vorhersehbar oder wie-

derholbar – aber sie machen das Leben mit Pflege-

kindern so erfüllt.“

„Einem Kind von der Schattenseite auf die Sonnen-

seite zu verhelfen ist eine wunderschöne, erfüllende

Aufgabe.“

Pflegekinder in der Lausitz

– Beispiel Spree-Neiße-Kreis

Mit Stand September betreut der Pflegekinderdienst

des Landkreises Spree-Neiße 121 Pflegefamilien mit

den darin lebenden 156 Pflegekindern.

Der Bedarf an weiteren Pflegefamilien ist immer vor-

handen, da es mehr zu vermittelnde Kinder als freie

Pflegestellen gibt. Eine genaue Zahl, wieviel Pflege-

familien benötigt werden, ist uns nicht möglich zu

benennen. Nicht jedes Kind kann in jeder Familie

untergebracht werden, da die Besonderheiten eines

jeden Kindes zu berücksichtigen sind und auch die

bestehenden Strukturen in den jeweiligen Pflegefa-

milien. Deshalb ist es wichtig, mehr Pflegefamilien

zu haben, als zu vermittelnde Kinder.

Eine Pflegemutter erzählt: „Wir haben vor drei Jah-

ren unser erstes Pflegekind aufgenommen. Ich mag

Kinder sehr, habe selbst zwei und wollte gern Kin-

dern eine Chance geben, in einer Familie aufwach-

sen zu können, wenn leibliche Eltern vorüberge-

hend oder dauerhaft nicht in der Lage sind, für ihr

Kind selbst zu sorgen. Der Alltag mit unseren Pflege-

kindern ist durchaus eine große Herausforderung.

Aber wenn ich die Freude und die positive Entwick-

lung der Beiden sehe, wiegt das alle Sorgen wieder

auf. Meine Kinder und meine Eltern stehen voll hin-

ter unserer Entscheidung, Pflegekinder aufzuneh-

men und unterstützen uns wo nötig. Die Reaktionen

von Freunden und Bekannten waren unterschied-

lich. Manche fragen mich, warum ich mir das antue,

aber die meisten zollen mir Respekt für meine Leis-

tung. Den Vorwurf, ich würde das nur wegen des

Geldes machen, kenne ich, das nehme ich nur noch

zur Kenntnis. Für unsere beiden Pflegekinder neh-

me ich zurzeit die Elternzeit in Anspruch. Die Erzie-

dafür ist das Jugendamt. Pflegeeltern haben das

Recht und die Pflicht am Hilfeplan mitzuwirken,

der regelmäßig erstellt wird. Dazu können und sol-

len sie an entsprechenden Hilfeplangesprächen mit

dem Jugendamt teilnehmen. Pflegeeltern haben ei-

nen rechtlichen Anspruch auf Elternzeit. Wenn die

Elternzeit für die Aufnahme eines Pflegekindes not-

wendig ist, muss diese rechtzeitig beim Arbeitgeber

beantragt werden. Ein Anspruch auf Elterngeld oder

Erziehungsgeld besteht nicht, das Jugendamt zahlt

Pflegegeld.

Das für den Alltag wichtigste Recht ist das Sorge-

recht. In der Regel teilt es sich auf zwischen Pflege-

eltern und leiblichen Eltern bzw. Vormund. Geben

die leiblichen Eltern ihr Kind freiwillig in eine Pfle-

gefamilie, bleibt das Sorgerecht zumindest teilweise

bei ihnen. Musste das Familiengericht die In-Pflege-

Gabe anordnen, wird den Eltern das Sorgerecht

(teilweise) entzogen und auf einen Vormund über-

tragen.

Die Pflegeeltern bekommen die Alltags- und Not-

fallsorge, um im Alltag mit Pflegekind entschei-

dungsfähig zu sein. Das betrifft in der Praxis Ent-

scheidungen zur Erziehung des Kindes, zu seiner

Freizeitgestaltung, zum Taschengeld, zu Urlaubs-

und Klassenfahrten und zu Vorsorgeuntersuchun-

gen. Grundsätzliche Entscheidungen dagegen müs-

sen durch die leiblichen Eltern oder den bestellten

Vormund getroffen werden. Solche Grundsatzent-

scheidungen umfassen beispielsweise die Zustim-

mungen zu Operationen, zu Therapien, zu Pier-

cings, zu Impfungen und die Frage der Rückkehr

in die Herkunftsfamilie. Pflegeeltern sollten nicht

für Sachen unterschreiben, für die sie bei Schäden

haftbar gemacht werden können, z. B. OPs und Imp-

fungen, auch wenn es manchmal einfacher ist und

der Arzt vielleicht nicht weiß, dass es sich um ein

Pflegekind handelt.

Die vielen Schwierigkeiten und Paragraphen sol-

len keineswegs abschrecken, sich auf das Wagnis

Pflegefamilie einzulassen, daher lassen wir zum

Abschluss noch Pflegeeltern zu Wort kommen. Sie

können am besten in Worte fassen, wie Pflegekinder

das Familienleben bereichern:

„Es ist immer wieder beglückend, diesen kleinen

und auch großen Menschen, die schon so viel erlebt