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Titelthema :: Seite 33

lernen, wie laufen, malen oder rechnen. Zum zwei-

ten lügen kleine Kinder – anders als Erwachsene

– noch nicht bewusst und aus Berechnung. Sie

schwindeln meist aus Angst vor Strafe, manchmal

auch unbewusst, weil sie ins Spiel vertieft sind,

aber sie wollen damit weder prahlen noch anderen

schaden. Die Begriffe flunkern oder spinnen sind

treffender als lügen. Zum dritten: Kleine Kinder

können noch nicht richtig zwischen Wirklichkeit

und Phantasie unterscheiden. Der Zeitraum zwi-

schen etwa 3 und 7 Jahren wird häufig als „magi-

sches Alter“ bezeichnet.

Kinder immagischen Alter

In dieser Phase haben Kinder Halloween tatsächlich

Angst vor den verkleideten Hexen und Geistern, sie

glauben fest an den Weihnachtsmann und brauchen

Eltern, die gemeinsammit ihnen vor demSchlafenge-

hen die Gespenster und Monster verjagen.

Wer Kindern in diesem Alter Märchen vorliest oder

Geschichten von Rittern, Feen und Geistern, holt

sie in ihrer Welt ab und beflügelt ihre ohnehin

ungeheure Phantasie weiter. Denn Kindergarten-

kinder leben in einer Welt voller Magie und Tag-

träume. So wie sie zunächst gelernt und vielfach

getestet haben, dass das Licht an und aus geht,

wenn sie den Lichtschalter drücken, so glauben sie

auch jetzt noch: Durch mein Denken, durch mein

Tun kann ich dafür sorgen, dass Dinge passieren.

So wird alles was sie sich vorstellen können –

schönes wie grusliges – möglich und denkbar.

Es dauert nicht mehr lange und der Weih-

nachtsmann steht wieder in den Wohn-

zimmern und beglückt die Kinder. Seit

Wochen nutzen gestresste Eltern den Rotkittel für

eine Erziehungsnotlüge: „Wenn du nicht lieb bist,

bringt der Weihnachtsmann dir keine Geschenke.“

Schon kleine Kinder werden also angeschwindelt.

Und es dauert nicht lange, da revanchieren sie

sich: Manche schon vor dem 3. Geburtstag, andere

erst mit 4. Das Kind leugnet, sich Schokolade ge-

nommen zu haben, es schiebt der Schwester die

Schuld für das zerbrochene Auto in die Schuhe.

Im Alter zwischen drei und fünf Jahren fangen Kin-

der mit dem Lügen an. Für manche Eltern ist das

eine Zäsur. Der kleine Sonnenschein, der bisher

gar nicht schwindeln konnte, lügt nun die Eltern

an – ein Vertrauensbruch, ein weiterer Schritt des

Abnabelns. Schaut man sich die Lexikon-Definiti-

on von Lügen an, mag man das mit dem eigenen

Nachwuchs nur ungern in Verbindung bringen:

Eine Lüge ist eine bewusste falsche Aussage oder

das Verschweigen von Tatsachen aus Scheu vor

der Wahrheit, aus Angst vor Konsequenzen, aus

Prahlerei, Berechnung oder Rachsucht. Lügen gilt

als sozial und moralisch verwerflich. Kein Wunder

also, wenn wir Eltern irritiert auf die ersten Flun-

kereien des Sohnemanns reagieren. Dabei können

Eltern das frühe Lügen noch recht entspannt se-

hen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist Lü-

gen-Können ein wichtiger geistiger Entwicklungs-

schritt für die Kinder. Das müssen sie genauso

Redaktion:

Anett Linke,

Foto links:

Steffen Schwenk,

www.light-impression.de

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