Titelthema :: Seite 36
viele unterschiedliche Aromen kennengelernt hat,
so wird es auch mit dem Breistart offen sein für vie-
le Geschmäcker. Kleine Kinder lernen mit einer Mi-
schung auf Neugier und Ablehnung essen. Sie wer-
den viel probieren, manches wieder ausspucken.
Je früher sie an unterschiedliche Lebensmittel und
Geschmäcker gewöhnt werden, desto vielfältiger
wird ihr Speiseplan auch im Jugend- und Erwach-
senenalter aussehen. Manche Kinder werden ihr
Geschmacksspektrum von sich aus zu erweitern
versuchen, andere benötigen Impulse. Eltern soll-
ten Kinder ganz bewusst beim Kennenlernen un-
terschiedlicher Geschmacksrichtungen anleiten.
Bieten Sie die Möhre oder den Kohlrabi roh und
gekocht an. Lassen Sie die Putenbrust gewürzt und
ungewürzt kosten. Lassen Sie den Unterschied zwi-
schen roter und gelber Paprika erschmecken. Wer
das beherzigt, wird es leichter haben, wenn sie ir-
gendwann kommt: die erste Mäkel-Phase.
Vom Umgang mit kleinen Kostverächtern
Denn früher oder später fällt der Satz, den viele
Eltern kennen und verfluchen: „Das will ich nicht
essen.“ Es gibt Phasen, da wollen die Kinder nur
Nudeln („aber ohne Soße“), Grünzeug wird auch
gern vom Teller geschoben, dafür der Nachtisch
gern dem Hauptgericht vorgezogen. Solche Pha-
sen lassen sich nicht verhindern, aber ein Stück
weit verkürzen und abschwächen. Um Kinder an
Neues und Ungeliebtes zu gewöhnen, gilt: Vorbild
sein und immer wieder anbieten – allerdings ohne
Druck. Wenn der Junior sieht, dass seine Eltern
und Geschwister immer wieder Paprika essen und
diese ihnen offenbar wirklich schmeckt, wird er
auch mal zugreifen.
sollte auch nicht zur Kampfarena verkommen.
Kommt es zum Disput, weil der Sohnemann nicht
essen will, dann sollten die Eltern ihn auch nicht
zwingen und die Grundsatzdiskussion darüber,
was gegessen wird, auf einen späteren Zeitpunkt
verlegen. Ebenfalls tabu: mäkeln. Über das Essen
wird geredet, aber nicht gemeckert. Was nicht
schmeckt, muss nicht gegessen werden, aber auch
nicht abgewertet werden. Schließlich sollte dem
Koch eine gewissen Achtung für seine Arbeit ge-
zollt werden, Begriffe wie „eklig“ und „igitt“ ge-
hören nicht an den Tisch. Laut Statistik steht in
jeder zweiten Küche ein Fernseher. Wer aber die
Gesprächskultur bei Tisch fördern will, sollte den
Fernseher auslassen. Die gemeinsamen Tischge-
spräche fördern die Sprachentwicklung der Klei-
nen. Die eingangs erwähnte US-amerikanische
Studie belegt u.a., dass Kinder, die regelmäßig mit
der Familie zu Tisch sitzen, ein größeres Vokabular
haben.
Geschmacksbildung
Kinder sollten von Beginn an möglichst viele ver-
schiedene Geschmäcker kennenlernen. Denn: „Wir
essen nicht, was wir mögen, sondern wir mögen,
was wir essen.“ Diese Aussage des Ernährungsex-
perten Volker Pudel macht klar: Von wenigen an-
geborenen Geschmacksvorlieben abgesehen, ist
Essen auch eine Frage der Herkunft, Kultur und
Erziehung. Dass die Franzosen lieber Weißbrot
und die Deutschen lieber Schwarzbrot, dass die
Italiener lieber Pasta und die Chinesen lieber Reis
essen, verweist auf unterschiedliche Esskulturen.
Jede Familie hat ihre eigene durch die Herkunft
und das Elternhaus geprägte Esskultur, die sie an
ihre Kinder weitergibt. Es liegt an den Eltern, den
Kindern eine möglichst breitgefächerte Esskultur
mitzugeben.
Je früher Kinder mit verschiedenen Aromen, Ge-
würzen, Lebensmitteln in Berührung kommen,
desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie
diese Vielfalt an Aromen mögen. Das beginnt
schon in der Schwangerschaft. Wenn die Frau in
der Schwangerschaft häufig Knoblauch isst, dann
wird auch das Kind Knoblauch vermutlich mö-
gen. Das setzt sich in der Stillzeit fort. Was Mama
isst, gibt der Muttermilch eine entsprechende Ge-
schmacksnote. Wenn das Kind schon in dieser Zeit




