Titelthema :: Seite 41
Ablauf der Vermittlung
Die Vermittlung eines Kindes beginnt in der Regel
mit einem Anruf des Jugendamtes bei der Pflegefa-
milie. Zunächst sollten sich die Pflegeeltern einige
Informationen zu dem zu vermittelnden Kind ein-
holen:
• Warum kann es nicht mehr bei seinen leiblichen
Eltern leben?
• Wie ist seine bisherige Kindheit verlaufen, welche
traumatischen Erlebnisse hatte es bereits?
• Wie stehen die Herkunftseltern zur Vermittlung
in eine Pflegefamilie?
• Wie oft und in welchem Rahmen soll das Kind
seine leiblichen Eltern sehen?
• Soll das Kind dauerhaft in der Pflegefamilie blei-
ben oder ist eine Rückkehr zu den leiblichen El-
tern angedacht?
Gerade wer erstmalig das Abenteuer Pflegekind
wagt, sollte ungefähr wissen, worauf er sich ein-
lässt und was für Schwierigkeiten und Eigenheiten
das neue Pflegekind vielleicht mit in die Familie
bringt. Sind die Pflegeeltern prinzipiell bereit, steht
ein erstes Treffen mit dem Kind und ggf. auch mit
den leiblichen Eltern an. Dieses Treffen dient dazu,
herauszufinden, ob die Chemie stimmt, ob sich bei-
de Seiten prinzipiell vorstellen können: Ja, mit dir
möchte ich längere Zeit zusammenleben. Dann folgt
die sogenannte Anbahnung, in der die Pflegeel-
tern ihr künftiges Pflegekind an seinem derzeitigen
Wohnort besuchen oder bei gemeinsamen Treffen
kennenlernen und eine Beziehung zu ihm aufbau-
en. Wie lange die Anbahnung dauert, hängt davon
ab, wie dringend das Kind vermittelt werden muss:
Muss es schnellstmöglich aus seinem Elternhaus
raus? Kann es noch einige Zeit bei der Bereitschafts-
pflegefamilie bleiben? So kann die Anbahnung in-
nerhalb weniger Tage passieren oder sich über Wo-
chen hinziehen. Ist die Anbahnung geglückt, kann
der Einzug des neuen Familienmitglieds geplant
werden.
Grundlage für das Pflegeverhältnis ist ein Hilfe-
plan, der mit der Aufnahme des Kindes erstellt und
dann regelmäßig aktualisiert wird. In diesem wird
festgeschrieben, wie das Pflegeverhältnis konkret
ausgestaltet werden soll. Hier werden alle Verein-
barungen und Entwicklungen festgehalten, welche
die Unterbringung und Erziehung des Kindes betref-
fen. Der Hilfeplan beschreibt, was das Pflegekind
braucht, was die Pflegeeltern leisten sollen, wie die
Besuchskontakte der leiblichen Eltern gestaltet wer-
den und gegebenenfalls welche weiteren Leistun-
gen durch Dritte (z.B. Therapien) zu erbringen sind.
Dies kann folgende Punkte umfassen:
• Erziehungsziele
• Förderungen für das Kind
• Häufigkeit und Dauer der Besuchskontakte zu
den Herkunftseltern
• Unterstützungsangebote des Jugendamtes
• Perspektive für das Kind: Dauerpflege oder
Rückführung?
• Pflegegeld
Dieser Hilfeplan wird gemeinsam von Mitar-
beitern des Jugendamtes, von Pflege- und Her-
kunftseltern, ggf. vom Vormund des Kindes
und ggf. weiteren Personen wie Großeltern,
Lehrern oder Therapeuten erarbeitet. Der Hil-
feplan wird regelmäßig überprüft und erneu-
ert, immer unter Mitwirkung der Pflegeeltern.
Rolle des Jugendamtes
Bei der Vermittlung zeigt sich bereits, was sich Pfle-
geeltern bewusst machen sollten: Sie lassen nicht
nur ein neues Kind in ihr Leben, sondern viele wei-
tere Personen, darunter die Herkunftseltern und
das Jugendamt. Mit ihnen werden sie immer wieder
Kontakt haben. Laut SGB VIII ist das Jugendamt die
„Exekutive der Kinder- und Jugendhilfe“, es setzt
die gesetzlichen Vorgaben in der Praxis um. Das
Jugendamt betreut alle an einem Pflegeverhältnis
beteiligten Personen und hat eine Wächterfunktion
inne: Es muss für das Wohl des Kindes sorgen.
Das Jugendamt oder der zuständige private Träger
ist wichtigster Ansprechpartner für die Pflegefami-
lie, ebenso für die Pflegekinder und deren leibli-
che Eltern. Es vermittelt zwischen beiden Familien
und entscheidet langfristig – ggf. gemeinsam mit
dem Gericht – wo das Kind am besten aufgehoben
ist. Es prüft regelmäßig, ob Pflegekind und Pflege-
eltern miteinander klar kommen, ob Beratungs-
bedarf besteht, wo Schwierigkeiten sind und
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