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Titelthema :: Seite 60

Kinderrechte ins Grundgesetz?

Bereits im Jahr 2007 startete das Aktionsbündnis

Kinderrechte die Kampagne „Kinderrechte ins

Grundgesetz“. Deutsches Kinderhilfswerk, Deut-

scher Kinderschutzbund, Unicef Deutschland und

die Deutsche Liga für das Kind machen sich dafür

stark, dass explizit auch Kinderrechte ins Grundge-

setz aufgenommen werden.

Der Vorschlag des Aktionsbündnisses lautet, einen

neuen Artikel 2a ins Grundgesetz aufzunehmen,

der folgende Regelungen umfasst:

Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner kör-

perlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmögli-

chen Entfaltung seiner Persönlichkeit.

Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und

fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die

Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag.

Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angele-

genheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist ent-

sprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in

angemessener Weise zu berücksichtigen.

Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen

Handeln, das die Rechte und Interessen von Kin-

dern berührt, vorrangige Bedeutung zu.

Mit der Grundgesetzänderung würden die Rechte

der Kinder gestärkt, sie könnten diese bis vors Bun-

desverfassungsgericht einklagen, die Verpflich-

tung von Staat und Eltern auf das Wohl von Kin-

der zu achten, würde gestärkt. Weitere Argumente

der Befürworter: Mit der Unterzeichnung der UN-

Kinderrechtskonvention habe sich Deutschland

verpflichtet, die für die Umsetzung geeigneten

Gesetzesmaßnahmen zu treffen, also eben die Auf-

nahme derselben in die Verfassung. Zudem hätte

eine Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz

eine starke Außenwirkung auf die Gesellschaft in

Deutschland, aber auch international.

Kritiker sehen in der Initiative einen Versuch, die

Rechte von Eltern zu beschneiden und dem Staat

mehr Eingreif-Möglichkeiten zu schaffen. Die Ver-

fassungsänderung würde also Eltern unter Gene-

ralverdacht stellen und eine rechtliche Kluft zwi-

schen Eltern und Kind schaffen. Dabei wüssten in

der Regel die Eltern selbst am besten, was gut für

ihr Kind ist.

Kinderparlamente in der Lausitz

Die tatsächliche Mitbestimmung von Kindern und

Jugendlichen passiert in der Regel auf kommu-

naler Ebene, also in ihrer Heimatstadt. Denn dort

sind die Einrichtungen und Themen, die sie bewe-

gen: Schule, Spielplatz, Kino, Freizeittreff. Einige

Gemeindeordnungen ermöglichen die Beteiligung

von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise

in Form einer Jugendparlaments bzw. -rates. Die

Schwierigkeit aller aktuellen und eingeschlafe-

nen Initiativen: regelmäßig engagierte Mitstreiter

finden. Dadurch dass die Vertreter schnell dem

Jugend- und Schulalter entwachsen, braucht es

immer wieder Neuwahlen, muss sich das Gremium

neu finden. Daran sind schon einige der jungen

Parlamente gescheitert. Wir haben bei Lausitzer

Kommunen nachgefragt, wie sich Kinder und Ju-

gendliche in die Gestaltung ihrer Stadt mit einbrin-

gen können.

Bautzen:

In Bautzen hat man das Konzept einer

eigenen

parlamentarischen

Jugendvertretung

mangels Resonanz wieder aufgegeben. Stattdes-

sen haben die Jugendlichen und Stadtoberen ein

weniger technokratisches und weniger reglemen-

tiertes Format gesucht und gefunden: 2015 grün-

dete sich eine lose Gruppe Jugendlicher unter

dem Titel „Jugend-Ideen-Konferenz Bautzen“. Ein

fester Kreis von 15 bis 20 Jugendlichen trifft sich

wöchentlich im Steinhaus und diskutiert über die

Themen, die Jugendliche bewegen. Aktuell befin-

det sich vor allem ein Projekt in Umsetzung: Die

Gründung eines von Jugendlichen selbst verwal-

teten Jugendclubs in der Stadt. Ein bis zwei Mal

im Jahr wird die Runde erweitert und zur Ideen-

Konferenz mit Bürgermeister und weiteren Ver-

tretern der Stadtpolitik geladen. Zuletzt kamen im

Juni gut 100 Kinder und Jugendliche ins Steinhaus,

um gemeinsam an Ideen für ihre Stadt zu arbeiten.

Mitmachen können Kinder und Jugendliche aus

Bautzen. Treffen: jeden Mittwoch 15.30 Uhr im

Steinhaus

Cottbus:

Wie sehr die jüngsten Mitbürger auf ihre

Rechte pochen, wurde im Sommer in Cottbus deut-

lich. Engagierte Kinder hatten dort einen offenen

Brief an alle erwachsenen Cottbuser geschrieben,

in dem sie von u.a. Eltern, Großeltern und Lehrern

explizit die Beachtung ihrer Kinderrechte einfor-