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Kinderrechte ins Grundgesetz?
Bereits im Jahr 2007 startete das Aktionsbündnis
Kinderrechte die Kampagne „Kinderrechte ins
Grundgesetz“. Deutsches Kinderhilfswerk, Deut-
scher Kinderschutzbund, Unicef Deutschland und
die Deutsche Liga für das Kind machen sich dafür
stark, dass explizit auch Kinderrechte ins Grundge-
setz aufgenommen werden.
Der Vorschlag des Aktionsbündnisses lautet, einen
neuen Artikel 2a ins Grundgesetz aufzunehmen,
der folgende Regelungen umfasst:
Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner kör-
perlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmögli-
chen Entfaltung seiner Persönlichkeit.
Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und
fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die
Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag.
Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angele-
genheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist ent-
sprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in
angemessener Weise zu berücksichtigen.
Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen
Handeln, das die Rechte und Interessen von Kin-
dern berührt, vorrangige Bedeutung zu.
Mit der Grundgesetzänderung würden die Rechte
der Kinder gestärkt, sie könnten diese bis vors Bun-
desverfassungsgericht einklagen, die Verpflich-
tung von Staat und Eltern auf das Wohl von Kin-
der zu achten, würde gestärkt. Weitere Argumente
der Befürworter: Mit der Unterzeichnung der UN-
Kinderrechtskonvention habe sich Deutschland
verpflichtet, die für die Umsetzung geeigneten
Gesetzesmaßnahmen zu treffen, also eben die Auf-
nahme derselben in die Verfassung. Zudem hätte
eine Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz
eine starke Außenwirkung auf die Gesellschaft in
Deutschland, aber auch international.
Kritiker sehen in der Initiative einen Versuch, die
Rechte von Eltern zu beschneiden und dem Staat
mehr Eingreif-Möglichkeiten zu schaffen. Die Ver-
fassungsänderung würde also Eltern unter Gene-
ralverdacht stellen und eine rechtliche Kluft zwi-
schen Eltern und Kind schaffen. Dabei wüssten in
der Regel die Eltern selbst am besten, was gut für
ihr Kind ist.
Kinderparlamente in der Lausitz
Die tatsächliche Mitbestimmung von Kindern und
Jugendlichen passiert in der Regel auf kommu-
naler Ebene, also in ihrer Heimatstadt. Denn dort
sind die Einrichtungen und Themen, die sie bewe-
gen: Schule, Spielplatz, Kino, Freizeittreff. Einige
Gemeindeordnungen ermöglichen die Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise
in Form einer Jugendparlaments bzw. -rates. Die
Schwierigkeit aller aktuellen und eingeschlafe-
nen Initiativen: regelmäßig engagierte Mitstreiter
finden. Dadurch dass die Vertreter schnell dem
Jugend- und Schulalter entwachsen, braucht es
immer wieder Neuwahlen, muss sich das Gremium
neu finden. Daran sind schon einige der jungen
Parlamente gescheitert. Wir haben bei Lausitzer
Kommunen nachgefragt, wie sich Kinder und Ju-
gendliche in die Gestaltung ihrer Stadt mit einbrin-
gen können.
Bautzen:
In Bautzen hat man das Konzept einer
eigenen
parlamentarischen
Jugendvertretung
mangels Resonanz wieder aufgegeben. Stattdes-
sen haben die Jugendlichen und Stadtoberen ein
weniger technokratisches und weniger reglemen-
tiertes Format gesucht und gefunden: 2015 grün-
dete sich eine lose Gruppe Jugendlicher unter
dem Titel „Jugend-Ideen-Konferenz Bautzen“. Ein
fester Kreis von 15 bis 20 Jugendlichen trifft sich
wöchentlich im Steinhaus und diskutiert über die
Themen, die Jugendliche bewegen. Aktuell befin-
det sich vor allem ein Projekt in Umsetzung: Die
Gründung eines von Jugendlichen selbst verwal-
teten Jugendclubs in der Stadt. Ein bis zwei Mal
im Jahr wird die Runde erweitert und zur Ideen-
Konferenz mit Bürgermeister und weiteren Ver-
tretern der Stadtpolitik geladen. Zuletzt kamen im
Juni gut 100 Kinder und Jugendliche ins Steinhaus,
um gemeinsam an Ideen für ihre Stadt zu arbeiten.
Mitmachen können Kinder und Jugendliche aus
Bautzen. Treffen: jeden Mittwoch 15.30 Uhr im
Steinhaus
Cottbus:
Wie sehr die jüngsten Mitbürger auf ihre
Rechte pochen, wurde im Sommer in Cottbus deut-
lich. Engagierte Kinder hatten dort einen offenen
Brief an alle erwachsenen Cottbuser geschrieben,
in dem sie von u.a. Eltern, Großeltern und Lehrern
explizit die Beachtung ihrer Kinderrechte einfor-




